Jesuit Ignatius hilft bei der Partnerwahl

 

Zwei junge Menschen sitzen zusammen in einer Bar. Sie sind bei einem Date. Irgendwann entschuldigt sich die Frau und nimmt den Gang zur Toilette. Beiden ist klar, dass in diesem kurzen Interaktionsunterbruch möglicherweise ein digitaler Vergleichsprozess ins Rollen kommt. Ein Handgriff zum Smartphone entfernt, warten über Apps wie Salt, Hallooh oder Tinder unzählige potenziell bessere Kandidatinnen und Kandidaten.

Dieses Phänomen ist in der Psychologie unter dem Begriff ‘Paradox of Choice’ bekannt und besagt, dass obwohl viele Möglichkeiten oftmals als positiv empfunden werden, zu viele Auswahlmöglichkeiten zu Entscheidungsunfähigkeit und Unzufriedenheit führen können. Gerade für junge Menschen, die viele Entscheidungen zu treffen haben, ist dies nicht nur im Dating-Kontext, sondern auch bei der Berufswahl eine Herausforderung.

Entscheidungsmethode

In dieser Spannung begeistert mich ein 500-jähriger Ansatz von Ignatius von Loyola. Der Gründer des Jesuitenordens rät zu einem dreistufigen Entscheidungsablauf:

1. Mit Gott reden

JAlle Entscheidungsalternativen, Träume und Wünsche sollen in einem ersten Schritt Gott hingelegt und losgelassen werden. In der Stille geht es dann darum, auf Gottes Stimme zu hören. Ich bin davon überzeugt, dass wir gerade angesichts des Überangebots von Nebensächlichkeiten ein Mehr vom Weniger brauchen. Regelmässige Exerzitien oder stille Tage können helfen.

2. Intuitions-Integration

Bereits Ignatius besass die Grundeinsicht der sogenannten Zwei-System-Theorie, welche von Kahnemann 2011 systematisiert wurde. Diese besagt, dass viele Entscheidungen vom schnellen System (Intuition, Bauch, Unbewusstes) bereits getroffen wurden, bevor das langsame System (der Verstand) überhaupt anfängt zu arbeiten. Die Intuition gilt es darum in Entscheidungsprozessen gut einzubeziehen. Dies ist einfacher gesagt als getan. Viele Menschen haben aufgrund ihrer Sozialisierung kaum Übung darin. Im Coaching verwende ich deshalb häufig Methoden des visuellen Denkens mittels Lego® Serious Play®. Mit den Händen und farbigen Plastiksteinen denkend, lassen sich implizite Dinge besser veranschaulichen, verbalisieren und integrieren.

3. Rationalisieren

Unsere Intuition kann aber auch trügerisch oder mehrdeutig sein. Bei allem Bauchgefühl sind wir Gott sei Dank auch Verstandeswesen. Gute Entscheidungen müssen gedanklich reifen können. In diesem Zusammenhang empfiehlt Ignatius die Reflexionsfrage: «Kann ich durch diese Entscheidung mehr Glaube, Hoffnung und Liebe in die Welt bringen?»

Trennen und Trauern

Den dreistufigen Prozess von Ignatius würde ich noch durch einen vierten Schritt ergänzen. Etymologisch stammt das Verb ‘entscheiden’ vom althochdeutschen Wort sceidan – trennen. Eine Entscheidung ist immer auch eine Trennung von allen nicht gewählten Optionen. Jedes Ja enthält viele Neins. In diesem Trennungsprozess kann es helfen, sich bewusst Zeit zum Betrauern der abgewählten Möglichkeiten zu nehmen. Mir half dieses Vorgehen beispielsweise in der Entscheidung für meine Anstellung bei der VBG. Das bewusste Betrauern anderer Joboptionen half mir nach getroffener Entscheidung nicht an meinem gewählten Weg zu zweifeln.