Wie es sich in schwierigen Zeiten in die Zukunft schauen lässt

 

«Heute hat sich alles in Krieg verwandelt» konstatiert die französische Philosophin Corine Pelluchon in einem Interview mit SRF, «die Beziehung zur Natur, zum Lebendigen, die Politik, die Arbeit unter Konkurrenz». Viele haben das Gefühl, in einer konflikt- und krisenreichen Zeit zu leben. Gerade jüngere Menschen sind über das Internet fast unausweichlich mit einer Flut negativer Bilder und Nachrichten konfrontiert. Das Fenster zur grossen Welt ist oft auch ein Fenster in die Abgründe unserer Zeit. Das Negative, Zerstörerische hat für viele eine starke Anziehungskraft, manche verfallen ab und zu dem ‘Doomscrolling’, dem exzessiven Konsum schlechter Nachrichten. Dystopische Filme und Serien erfreuen sich grosser Beliebtheit. Eine jährlich erhobene Umfrage der Universität St. Gallen zeigt, dass unsere Gedanken über die Zukunft unser mentales Wohlbefinden und unsere Handlungsmöglichkeiten beeinflussen. Nur wenn wir uns schon heute eine wünschenswerte Zukunft vorstellen, ist es uns möglich, diese aktiv und verantwortungsvoll zu gestalten. So sind wir der Zukunft nicht passiv ausgeliefert. Denn: Hoffnung ermöglicht, Hoffnungslosigkeit lähmt. Die gute Nachricht der Untersuchung vorneweg: «Trotz negativer Zukunftsperspektiven in nahezu allen gesellschaftlichen Bereichen, verliert die Bevölkerung nicht die Hoffnung auf eine bessere Zukunft». Doch worauf können wir hoffen?

Zwei Phänomene begegnen uns, wenn es um den konstruktiven gedanklichen Umgang mit Problemen geht: Optimismus und Hoffnung. Die beiden im Alltag oft als Synonyme verwendeten Begriffe weisen jedoch erhebliche Unterschiede auf.

«Optimismus ist eine Haltung, die einen glauben lässt, man habe die Lösung für alle Probleme. Hoffnung dagegen setzt voraus, dass ich Schwierigkeiten und auch meine eigene Fehlbarkeit erkenne», sagt die bereits zitierte Pelluchon. Optimismus basiert auf der Annahme persönlicher Kontrolle und geht davon aus, dass Probleme durch eigenes Zutun und mit hoher Wahrscheinlichkeit gelöst werden können. Damit ist der Optimismus auf das beschränkt, was relativ einfach beeinflussbar ist und birgt zudem die Gefahr, die eigenen Fähigkeiten und Einflussmöglichkeiten zu überschätzen oder in Frustration umzuschlagen. Die Hoffnung indes hat einen starken Realitätsbezug, sie baut gerade auf der Begrenztheit und Fehlerhaftigkeit des Menschen und seinen existenziellen Problemen auf. Sie weist aber über all das hinaus.

Gefragt nach ihrer Quelle der Hoffnung nennen Menschen oft «schöne Erlebnisse in der freien Natur». Oder sie finden, wie die Zürcher Regierungspräsidentin Jacqueline Fehr, in alltäglichen «Momenten der Rücksichtnahme und Empathie» Hoffnung. Im Hoffen strecken wir uns nach einer guten Macht aus, die uns und unsere Probleme übersteigt. Im Vertrauen auf diese gute Macht entsteht Hoffnung, dürfen wir unsere Sehnsüchte, Ängste und schmerzlichen Erfahrungen ablegen. Selbst der Machtloseste kann Hoffnung haben.

Als Christ bin ich überzeugt, dass diese gute Macht, der letzte und unverrückbare Grund der Hoffnung, in Gott liegt. Dem Gott, der sich in Jesus Christus auf die Erde begeben hat und den Machtlosen seiner Zeit einen Grund zur Hoffnung gegeben hat. Wie der Gelähmte oder
Blinde, der sein Vertrauen in den vorübergehenden Jesus setzte und dadurch eine neue Zukunftsperspektive erhielt, dürfen auch wir heute unseren Hoffnungsgrund in Gott finden und schwierigen Zeiten hoffnungsvoll entgegentreten. Wie der Erzbischof von Canterbury Rowan Williams gesagt hat: «Ich habe Hoffnung, weil Gott Gott bleibt».