Auch mit über 80 Jahren bleibt Rolf Lindenmann an Menschen dran und schöpft aus seinem reichen Schatz an Erfahrungen mit Gott.

 

Lieber Rolf – 2004 hast du das Pensionsalter erreicht. Aber du bleibst aktiv als Berater und Mentor tätig. Woher nimmst du Kraft und Motivation für diesen Dienst?

Ich will Jesus Christus nachfolgen und seinen Willen tun. Und ich bin bereit dazu, solange bei Menschen, die selbst in Verantwortung stehen, Bedarf besteht, dass sie in mir ein Gegenüber haben. Gott gibt mir immer wieder Kraft und Freude dafür. Deshalb mache ich das so lange wie möglich.

Du hast ein Motto für deinen Dienst. Wie lautet es und wie bist du darauf gekommen?

Mir ist das Thema Berufung wichtig. Da ist einer, der ruft, nämlich Gott. Einer, der mit mir etwas vorhat. Und ich gebe Antwort. Das ist ein Thema, das ich immer wieder mit Mitmenschen bespreche. Ich kann es mit drei Worten ausdrücken: entdecken, entwickeln, ermutigen. Ich möchte Menschen entdecken. Ich möchte sie ermutigen sich weiterzuentwickeln, so dass sie Originale von Gott sind.

Es ist hilfreich, wenn man in seiner Berufung lebt. Wie kann man denn seine Lebensberufung finden?

Das ist ein Prozess. Ich frage mich zuerst: Gott, wie meinst du mich? Was hast du alles in mich hineingesteckt? Sind Begabungen sind vorhanden und welche Interessen sind mir wichtig? Aber auch konkrete Führungen Gottes. Wenn ich weiss, wer ich bin, kann ich besser Entscheidungen treffen und mich fokussieren.

Geht es folglich darum den Willen Gottes für sein eigenes Leben zu suchen, zu erkennen und zu finden? Wie bist du in deinem Leben vorgegangen?

Es ist eine Sache der Einstellung zu beten: „Gott, ich möchte erkennen, wer du bist und was du mit mir meinst!“ – auf diese Weise bin ich jeweils zu Entscheidungen gekommen. Dazu Gespräche oder Umstände, die mir wie klare Eingebungen begegnet sind und mir gezeigt haben, worum es gerade geht.

Es gibt also kein Patentrezept, wie man den Willen Gottes für sein Leben entdecken kann?

Es gibt sicherlich hilfreiche Vorgehensweisen, aber letztlich helfen vor allem gute Fragen.

Kann ich denn merken, ob ich im Willen Gottes lebe oder nicht? 

Ja, ich glaube schon. Obwohl es etwas sehr Persönliches und Einzigartiges ist, kann man sich durch Verschiedenes gewiss werden: Der innere Frieden, zu wissen, man ist auf einem guten Weg. Mitmenschen, die dies bestärken. Und letztlich die Bibel, die nicht unbedingt etwas zur eigenen Berufung im Speziellen sagt – aber doch bestätigt, dass es im Ganzen gesehen so stimmt.

Würdest du sagen, dass du ein erfülltes Leben hast, so wie Jesus es verspricht?

 Ja und dafür bin ich sehr dankbar. Meine Aufgabe in der VBG war für mich immer ein Privileg, obschon das keine normale Karriere gewesen ist – auch finanziell nicht. Dankbar bin ich auch für meine Familie und unser Drei-Generationen-Projekt, in dem wir mit Kindern und Enkeln leben.
Trotzdem vermute ich: Gott hätte noch mehr geben wollen und ich war auf eine falsche Art bescheiden.

Wie kommst du darauf?

Wahrscheinlich habe ich manchmal zu wenig erwartet, bin zu verhaftet gewesen in mir. Das ist mehr so ein Grundgefühl: Gott möchte noch mehr geben und ich erwarte auch noch etwas.

Was erwartest du noch?

Tieferen Frieden, Freude auch im Abnehmen der Kräfte, mehr Vorfreude noch auf das ganz bei Gott sein.

Was macht ein erfülltes Leben aus?

Primär ist es der Friede, den Gott gibt und der unabhängig ist von den Umständen. Und das, was wir an Führung erlebt haben. Wir sind zu vielen Freunden gekommen, einfach so. Gott hat wunderbar für uns gesorgt, auch durch Schwieriges hindurch. Zu erleben, wie man an Schwierigkeiten wachsen kann und nicht zerbrechen muss – das ist sehr kostbar.

Inwiefern hat sich dein Glaube und dein Gottesbild im Laufe deines Lebens verändert?

 Ich habe nicht mehr so schnell Antworten darauf, was richtig und was nicht richtig ist, wie ich es noch vor 50 Jahren hatte. Nicht in einem legalisierenden und gleichgültigen Sinn, sondern vielmehr im Sinne der Weitherzigkeit Gottes. Die Beziehung zum dreieinigen Gott ist und bleibt das Allerwichtigste – wichtiger als immer den Durchblick zu haben.

Du hast einmal gesagt: Hinblicken – Aufblicken – Durchblicken. Kannst du das näher erklären?

Mir ist wichtig, zuerst auf eine Situation oder Person hinzuhören und gänzlich wahrzunehmen – hinzublicken. Dann nicht zu flüchten oder zu schnell beten, handeln oder reden, sondern aufzublicken zu Gott. Ihn zu fragen: «Wie siehst du das? Bist du mit dabei?» und auf diese Weise die Situation zu durchblicken.
Ganz konkret wäre das dann Weisheit.

Also bewusst um Eingebungen des Heiligen Geistes bitten und sie erwarten? Das braucht Zeit und Raum um zu hören – einen Hörraum.

Ja, genau. Das muss nicht lange dauern, kann es aber. Das zu wissen hilft mir, mir Zeit zu lassen und bewusst wahrzunehmen anstatt zu schnell zu denken, die Antwort zu kennen oder einfach wegzuschauen.

Ein Wort von dir ist: „Du musst deine Schlagseite kennen und Gegengewicht geben.“ Kannst du das ein bisschen erläutern? ¨

Ich glaube, dass wir Menschen mehr Probleme mit unseren Stärken als mit unseren Schwächen haben. Die vielen PS zu beherrschen ist anspruchsvoll. Deshalb ist es Aufgabe unseres Lebens, dass diese sich in einer guten Weise entwickeln. Wenn jemand zu viel oder zu schnell redet, kann man sich darüber ärgern oder eine Stärke dahinter sehen. Das Erkennen dieser Stärken und ihrer Schlagseiten möchte ich fördern. Zu sagen: Pass auf! Das ist eine Stärke, aber jetzt musst du lernen, damit umzugehen.

Weiter sagst du, dass jede Gabe auch eine Gefährdung in sich habe – wie eine Münze mit zwei Seiten.

Man kann es vielleicht noch anders formulieren. Die eine Seite der Münze braucht die andere. Damit unsere Gaben in gute Bahnen kommen, brauchen wir wie eine Art Zusatzbegabung. Es braucht ein Gegengewicht, um die Gefährdung abzuwehren. Zum Beispiel braucht jemand, der sehr schnell ist, viel Geduld. Wer sehr stark ist, muss auch sehr barmherzig sein, usw…

„Dort wo ich Grenzen habe, ist das die Chance für den Nächsten.“  Was genau meinst du damit?

Im Älterwerden und im Abnehmen der Kräfte wird mir das selbst immer wichtiger. Wir sind auf Ergänzung angelegt. Meine Grenzen sind Chancen für Gott und die Nächsten. Meine Grenzen bieten dem anderen eine Gelegenheit, seine – andersartige – Gabe einzubringen. Als Ermutigung: «Das ist nicht so mein Ding, aber du, du kannst das.»

Wie kann ich herausfinden, ob ich meine Grenzen erweitern und etwas Neues erlernen sollte oder ob ich mich von Anderen ergänzen lassen darf?

Da finde ich es gut Gott zu fragen, ob es eine Grenze ist, die er mir setzt.
Oder ob es eine Grenze ist, die mir von Menschen oder mir selbst gesetzt wurde. Z.B., weil ich denke etwas nicht zu können oder andere es mir abgesprochen haben. Dann wäre es nötig, die Grenzen zu erweitern. Vielleicht auch andere Menschen zu fragen, was sie denken.

Du sprichst immer wieder davon, zuerst zu Gott zu gehen. Gab es im Verlaufe deines Lebens Bibelworte, die dich eine Weile begleitet haben? Gibt es im Moment eines, das dir besonders wichtig ist?

Ja, es gibt viele solcher Worte. Seit meiner Leitungsaufgabe begleitet mich ein Wort von Johannes dem Täufer. Seine Jünger kommen zu ihm und erzählen von Jesus, zu dem die Menschen strömen. Da sagt er: «Er muss wachsen und ich muss abnehmen.»
Das hat mir geholfen und tut es weiterhin. Ich muss nicht aus falscher Bescheidenheit heraus abnehmen, sondern um die Realität zu erkennen. Nämlich, dass es um Gott und um meine Mitmenschen geht, die wachsen müssen.

Was heisst denn abnehmen?

Es geht nicht um meinen Erfolg. Es geht darum, dass Gott zum Zug kommt, dass andere ihren Platz finden. Meine Aufgabe ist es da die Steigbügel zu halten und Jesus ist mir sogar das Vorbild darin. Ihm ging es menschlich gesprochen darum, dass der Vater gross herauskommt und geehrt wird – nicht Jesus selbst. Das ist sehr besonders.
Dienende Leitung – also andere gross machen – das lag und liegt mir nicht im Blut. Deshalb brauchte ich dieses Wort, denn von Natur aus will ich selbst im Vordergrund stehen.

Was sind die größten Gefahren und Versuchungen für eine Leitungsperson?

Selbst Erfolg haben zu wollen und das mit Zahlen aufweisen zu können. Wir denken heute nur noch kurzfristig. Alles muss zählbar, messbar und erklärbar sein. Dadurch ist man zu sehr auf kurzfristigen Erfolg aus. Und hier zu merken, Investition in Menschen lohnt sich, auch wenn dies sich nicht sofort in Zahlen umsetzen lässt.
Ein guter Chef oder eine gute Chefin hat gute Mitarbeitende. Aber die wenigsten Chefs setzen viel für die Entwicklung ein. Sie schicken Mitarbeitende in Kurse. Aber selbst bei den Menschen zu sein, wie Jesus bei seinen Jüngern, das ist eher nicht modern.

Also der Unterschied zwischen einem Manager und einem Patron einer Firma, wie man es früher gesagt hat?

Ja, ich glaube in diese Richtung geht es. Auch wenn es natürlich nicht nur gute Patrons gab.

Wenn nun ein Manager von höherer Ebene Kennzahlen vorgegeben hat. Wie kannst du heute ihn darin beraten, menschenbezogener zu leiten?

Ich habe nicht mit vielen zu tun, die auf hohen Ebenen angestellt sind. Aber es gilt für alle Stufen, dass es längerfristig mehr Nutzen bringt, auch geschäftlich, wenn man sich für die eigene Entwicklung und die der Mitmenschen einsetzt.
Das längerfristige Denken muss man vor allem fördern, da sich der Einsatz in Menschen kurzfristig nicht lohnt.
Ich glaube, das ist tatsächlich wahr ist, dass Leute, die gut führen und in ihre Mitarbeitende investieren, längerfristig erfolgreicher sind.

Haben sich im Laufe der Jahrzehnte die Fragestellungen und deine Antworten darauf verändert?

Es hat zugenommen, dass in Familien, in Ehen beide berufstätig sind. So sind Familienkonstellation und -organisation komplizierter geworden. Das erhöht den Druck. Durch die Freizeitmöglichkeiten und den ständigen Blick aufs Handy ist man überfordert und kommt kaum mehr zur Ruhe um sich zu überlegen: Was ist wichtig, aber noch nicht dringlich?

Wäre das eine erste Aufgabe für Führungspersonen: Die Unterscheidung von «wichtig» zu «dringlich»?

Ja, denn sobald etwas wichtig und dringlich ist, wird es immer schwieriger, gute Lösungen zu finden. In vielen Bereichen, auch politisch, steht uns das Wasser bis zum Hals, nicht nur was das Klima betrifft. Sind alle heutigen Qualitätsstandards wirklich notwendig? Was ist wichtig, aber noch nicht dringend? Für diese Fragen hat man aber eigentlich keine Zeit, ausser man nimmt sich diese Zeit.

Als Ermutigung und Anregung an eine Leitungsperson: Wie nimmt man sich diese Zeit?

Ich habe mich persönlich mal entschieden: Ich habe genug Zeit. Die Frage ist, wie ich damit umgehe. Ich will nicht mehr klagen, dass ich zu wenig Zeit habe. Ich muss Verantwortung übernehmen. Wer klagt, dass es nicht reicht, übernimmt keine Verantwortung. Wir müssen Freiräume entdecken.

Mir scheint, dass Entscheidungsschwierigkeiten zugenommen haben – im Thema Beziehungen, Gemeinde, Berufswahl usw. Stellst du das auch fest? Was hilft, um gute Entscheidungen zu treffen?

Es ist sicher schwieriger geworden, weil heute weniger klar ist, wie man das Leben gestaltet. Jeder hat seine eigene Wahrheit. Gerade deshalb müssen wir fragen: Gott, wer bin ich und was meinst du mit meinem Leben? Was ist mir wichtig?
Ich frage Menschen oft, was ihnen wichtig ist. Nicht nur allgemein, sondern spezifisch: Was ist dir wichtig für Deine Beziehungen allgemein, Deine Familie, in Deinem Beruf, in Deiner Gemeinde? Schreib dir das auf, ziehe die Konsequenten und setze es um.

Also fragst du nach Werten, die helfen Prioritäten zu setzen?

Ja. Und dann muss man sich entscheiden. Zugleich ist es wichtig, sich bewusst zu sein, dass Entscheiden mit Verzichten zu tun hat.

Stimmt: Auch wenn ich zu etwas ja sage, sage ich zu vielem anderem nein.

Ja, und das ist heute bei vielen nicht mehr so. Sie sagen zwar „Ja“ zu diesem Partner, aber es sind noch ein paar andere da, auf die man allenfalls zurückgreifen könnte. Wir sind beschränkt als Menschen und es ist wichtig, mit dieser Beschränktheit positiv zu leben.

Gleichzeitig hat die Unverbindlichkeit zugenommen, weil man sich nicht entscheiden und bis im letzten Moment alle Optionen offenhalten will. Was gewinnt man mit Verbindlichkeit?

Mit wenigen Menschen nahe, verbindlich, treu zu sein, macht mich glücklicher, als wenn ich überall denke, das und jenes wäre auch noch möglich und mir alles offenhalte. Gerade die Unverbindlichkeit ist ein Ausdruck davon, dass man unzufrieden ist. Mit einem freudigen, lachenden Ja zur Beschränktheit lebt man viel glücklicher.

Ich merke, dass ich beschränkt bin. Ja, auch wenn ich in meinem Leben sehe, es gibt Spannungen, weil meine Lebensrealität nicht übereinstimmt mit dem, was ich in der Bibel lese. Wie kann ich mit solchen Spannungen umgehen, um nicht zynisch oder verbittert zu werden?

Ich akzeptiere, dass meine Erkenntnis Stückwerk ist, dass ich heute weniger verstehe als früher. Ich weiß, Gott versteht und kennt mich. Manches werde ich später vielleicht verstehen, vielleicht auch nicht. Ich muss vor allem das nehmen, was ich verstehe.

Mark Twain soll gesagt haben: «Mich beunruhigt nicht das, was ich nicht verstehe, sondern das, was ich verstehe und noch nicht getan habe.»

Das muss ich mir selber  immer wieder sagen. Die Hauptsache ist nicht, dass Gott all meine Fragen beantwortet. Ich kann immer besser damit leben, dass ich manches nicht verstehe.

Also ein Ja haben zu dem Wort: «Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, meine Wege sind nicht eure Wege.»

Gott muss nicht meine Wünsche erfüllen – in vielem hat er sie mehr als erfüllt. Manches ist auch anders geworden.

Wir leben privilegiert, materiell abgesichert im Frieden einer funktionierenden Demokratie. Die Welt sieht aber vielerorts ganz anders aus. Wir Christen sind dazu berufen Hoffnungsträgerinnen zu sein. Wie kann ich meine Hoffnung bewahren und sie weiter schenken?

Zuerst ist mir wichtig: Ich bin nicht der Heiland, das ist Jesus Christus. Ich kann die Welt nicht retten. Es ist seine Welt, er selbst muss sie retten. Das zweite ist: Gerade weil ich weiss, dass es Gottes Sache ist, kann ich meinen kleinen Beitrag geben. Die Frage ist nicht, was kann ich alles nicht tun, sondern was mir jetzt möglich ist. Das möchte ich im Vertrauen tun: Gott macht aus wenig viel und das ist das Geheimnis der Hoffnung.

Jetzt kommt die Babyboomer Generation ins Pensionsalter. Was würdest du ihnen gerne auf den Weg geben?

Sie werden im Arbeitsmarkt durchaus gebraucht. In der Welt gibt es Pensionierung, bei Gott gibt es keine Pensionierung. Ich muss das, was mir jetzt möglich ist, noch einbringen und versuchen, die Berufung für die neue Situation zu entdecken.

Du hast viele Personen und Organisationen beraten. Wenn du zurückblickst, gibt es etwas, was dir besonders auffällt?

Es fällt mir auf, dass letztendlich die grössten Probleme immer die Menschen sind. Man kann Entscheidungen treffen und Finanzfragen klären, aber das Allerwichtigste ist der geduldige Umgang mit Menschen: mit ihnen einen Weg zu suchen, Frieden zu stiften.

Was ist die Kernbotschaft, die du Angestellten und ehrenamtlichen Mitarbeitenden der VBG und im weiteren Sinne den Bausteinelesenden auf den Weg mitgeben möchtest?

Suche immer wieder zuerst die Nähe zu Gott, nicht nur bei den riesigen Fragen, sondern im Alltag. Ich glaube, dass diese Beziehung am meisten bedroht ist. Und natürlich auch unsere menschlichen Beziehungen. Immer wieder das zuerst Gottes Nähe und zu den allernächsten Menschen suchen, in sie investieren. Das gibt Kraft sich in weitere grössere Dimensionen hinein tätig zu geben.

Wenn du jetzt zurückblickst auf ein langes Leben der Verbundenheit in unterschiedlichen Stellungen zur VBG: Gibt es Dinge, die dich besonders freuen und Dinge, die du kritisch siehst?

Rückblickend stelle ich fest, die Beziehungen sind eigentlich das Wichtigste gewesen. Dass Menschen in Gottes Nähe kommen und stabile menschliche Beziehungen entwickeln können – innerhalb und neben der VBG. Meine Sorge ist manchmal, dass wir zu Schreibtischtätern verkommen, dass wir zu wenig nahe bei den Menschen sind. Das ist auch ein gesellschaftlich festgestelltes Problem. Viele vereinsamen, sind nur noch anonym mit anderen verbunden. Aber die Nähe zu Menschen, dass es ihnen gut geht, das muss das Wichtigste bleiben.

Hast du noch so etwas wie ein Schlusswort?

Dranbleiben und auch den Mut mit sich selbst nicht verlieren. Ich glaube, Gott hat mit mir so viel Ausdauer, dass ich kein Recht habe, die Geduld mit mir selbst zu verlieren. Ich merke, auch meine Entwicklung ist nicht überschnell – Ich habe noch viel zu lernen. Vielleicht bin ich deshalb noch da.

 

Rolf Lindenmann war VBG-Mitarbeiter von 1972 bis 2004, davon 13 Leiter VBG. Bis heute ist als Berater tätig, verheiratet, 3 Töchter, 9 Enkelkinder, 3 Urenkelkinder. Das Interviewführte Ruth Maria Michel. Sie ist seit 1990 VBG Mitarbeiterin. Rolf ist mehr oder weniger regelmässig ihr Berater seit über 40 Jahren.