Zwei unterschiedliche Weisen, auf die Geschichte der VBG zu blicken

Eine Geschichte kann auf so viele Weisen erzählt werden. Hier wurden zwei ausgewählt: Eine Spurensuche nach wichtigen Entwicklungen und eine Geschichte in Zahlen und Fakten. Tauche ein in eine kurze Geschichte von Bewegungen, welche die VBG bis heute prägen. Verliere Dich auf dem Zeitstrahl in kleinen Ereignissen, die zur grossen VBG-Geschichte gehören.

Prägende Entwicklungen

Wir bringen Glauben, Denken und Alltag zusammen.» Wie ist die VBG zu dieser Vision gekommen? Wo hat sie Entwicklungen durchgemacht, die ihre Einstellungen und ihre Vision geschärft haben?

Die inhaltliche Vielfalt, welche die Glaubenspraxis der VBG heute auszeichnet, ist das Ergebnis einer bewegten Geschichte. In ihren Anfängen war die Spiritualität der VBG durch die freikirchliche Herkunft der Gründerfiguren geprägt. Bürki, Jenny und Rüegg waren keine Theologen, haben sich aber theologisch engagiert. Sie wollten die Deutungshoheit theologischer Fragen für die VBG auch nicht auslagern; der vertrauensvolle Kontakt zu Landeskirchen, Pfarrpersonen und der wissenschaftlichen Theologie musste sich erst noch entwickeln. Dem stand durch eine wachsende gegenseitige Offenheit jedoch je länger je weniger im Weg. Kontakte mit der Landeskirche und Theologiestudierenden in der VBG nahmen zu. 1998 hat Hanspeter Schmutz, damals stellvertretender Leiter der VBG, die Entwicklungsschritte der Bibelauslegung der VBG in vier Etappen zusammengefasst: Zu Beginn wurde eine wörtlich-intuitiv-praktische Bibelauslegung mit dem Schwerpunkt der Evangelisation gepflegt. In einer eher charismatisch geleiteten Zeit folgte eine themenzentrierte Auslegung mit dem Fokus auf Eingebung und dem persönlichen Erleben. Später standen psychologisch-theologische Ansätze im Fokus, die Bibel wurde auch symbolisch und historisch gedeutet. Schliesslich hat man diese Ansätze zusammengenommen und mit dem biblischen Anliegen für gesellschaftliche Fragen ergänzt. Heute steht im Leitbild der VBG, dass sie einen reflektierten und methodisch vielfältigen Umgang mit der Bibel pflegt.

So ist auch der interkonfessionelle Ansatz der VBG gewachsen. Anfänglich schien der Gedanke, sich mit katholischen Christinnen und Christen zu vernetzen, für viele abwegig. 1972 hat die VBG jedoch eine interkonfessionelle Bewegung gestartet, als sie Katholiken zur Mitwirkung in Kurswochen für Biblischen Unterricht einlud. Der Grund war ein pragmatischer: Die Katholiken verfügten über sehr gutes didaktisches Material. Daraus entwickelte sich eine fruchtbare Zusammenarbeit evangelischer und katholischer Mitarbeitenden. Heute ist es selbstverständlich, dass Teile der VBG-Bewegung, darunter auch Angestellte, der katholischen Kirche angehören.

Zwischen 1965 und 1970 erlebten viele der damaligen VBG-Angestellten eine neue Erfüllung mit dem Heiligen Geist. Es folgte eine Phase vieler Bekehrungen, geprägt von Freude, Mut zum Weitersagen der guten Botschaft, Heilungen, verbindlichem Zusammenleben und Entscheidungen aufgrund von Eingebungen. An VBG-Veranstaltungen gab es immer mehr freie Gottesdienste, in denen die Vielfalt neutestamentlicher Geistesgaben ausgelebt wurden. Diese Geschehnisse wurden vom damaligen VBG-Rat beobachtet und reflektiert, was es ermöglichte, dass 1975 in einer Basis-Versammlung Fehler eingestanden und Richtlinien für eine gute Praxis gesucht wurden. Die Gefahr von Gruppendruck, geistlicher Überdeutung von Träumen und Eingebungen und des Verlustes der individuellen Suche nach Gottes Willen traten ins Bewusstsein. Dabei spielte auch die wachsende Kenntnis der Psychologie eine Rolle. Psychologische Einsichten ermöglichten den VBG-Mitgliedern, die Spannung zwischen dem Erleben des Heiligen Geistes einerseits und geschöpflichen Empfindungen andererseits sensibler wahrzunehmen. Mit dem Fachkreis «Psychologie und Glaube» wurde die Psychologie schliesslich in den Dienst der Theologie und des Glaubens genommen.

Diese Entwicklungen zeigen, wie das Zusammenspiel von Glauben, Denken und Alltag über die Jahrzehnte wachsen konnte. Selbstverständlich waren auch Fehler und Schwierigkeiten Teil dieser Geschichte. Das viele Reisen einiger Mitarbeiter beispielsweise war für Familien immer wieder eine Herausforderung. Man hat sich auch eingestanden, dass Frauen zwar früh in der Leitung präsent waren, ihrer Stimme aber zu wenig Gewicht verliehen wurde. Immer wieder hat man sich den strukturellen und organisatorischen Herausforderungen gestellt, die sich aus der Entwicklung der VBG ergaben. Eigene spirituelle Abgehobenheit wurde kritisiert. Auch das Abwägen davon, wo man mit oder gegen die Zeit agieren soll, war stets eine Herausforderung. Fehltritte wurden immer wieder erkannt, eingestanden und neue Lösungen gesucht. Diese Ausgewogenheit, welche die VBG zunehmend charakterisierte, wurde sogar zu einem Stolperstein, weil man teilweise allzu zurückhaltend und differenziert vorwärts gehen wollte.

All diese Entwicklungen sind nur Beispiele einer vielfältigen Geschichte. Ein kleines Fenster in eine bewegte Zeit. In der Auseinandersetzung mit Mitchristen und Mitchristinnen und immer wieder in bewusster, neuer Ausrichtung am Wort Gottes hat sich die VBG zu einer Bewegung in Vielfalt und Offenheit entwickelt, ohne dabei ihre Grundsätze zu vergessen. Man bewegt sich im Spannungsfeld der Tradition und Erneuerung, welches neue Impulse nicht ausschliesst, aber dabei fest am einzig wahren Fundament festhält: Dem Herrn Jesus Christus.

Das verbindet die VBG über die Generationen hinweg: Zentral war und ist stets die Begegnung mit den Menschen. Die VBG versteht ihren Auftrag darin, das Evangelium weiterzugeben, Menschen der höheren Bildung in ihrem Glaubensleben und ihrer verantwortlichen Mitgestaltung der Gesellschaft zu stärken. Die VBG verbindet: Glauben, Denken, Alltag, Menschen untereinander, Menschen mit Gott. Sie verbindet eine Vergangenheit mit der Zukunft: Weil wir voller Hoffnung auf das Reich Gottes sind.

Geschichte in Zahlen und Fakten

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