Tiefe gewinnen, ohne die Weite zu verlieren
Tief glauben – weit denken. So lautet zumindest unser VBG-Motto. Ob es uns denn gelingt, beides zusammenzuhalten, steht auf einem anderen Blatt. Und gerade, weil das nicht immer so leicht geht, haben wir die Überzeugung, dass die Weite des Denkens uns nicht nur in eine grosse Freiheit führen kann, sondern auch Gründe für den Glauben aufzeigen sollte. Diese Denkarbeit möchten wir aber immer mit einer ganz praktischen und alltäglich gelebten Spiritualität verbinden – eben mit dem «tief glauben».
Die Weite des Denkens könnte allerdings auch liebgewonnene Glaubensüberzeugungen hinterfragen und Zweifel säen. In dieser Spannung besteht dann die Gefahr, dass man das eigene Denken an irgendeine Instanz delegiert oder es, weil vermeintlich gefährlich, eher meidet – zumindest dort, wo es um die weltanschaulichen Fundamente geht. In uns finden wir auch die Tendenz, die mühsame Gedankenarbeit aufzuschieben und uns leichteren Dingen zuzuwenden. So könnten uns aber dereinst in Zeiten der Herausforderungen hilfreiche Überzeugungen fehlen, die dem Glauben zusätzliche Tiefe und Halt verleihen könnten.
VBG-Auftrag als doppelte Herausforderung
Wenn nun die VBG ihren Auftrag wahrnehmen möchte, dann muss sie sich immer wieder dieser doppelten Herausforderung stellen – der tiefen Verankerung im Glauben und der denkerischen Suche nach der Wahrheit. Aus diesem Grund werden wir auch im kommenden Herbst wieder an drei Abenden unsere Online-Seminare zu «begründet glauben» anbieten.
Zum einen fragen wir uns, wie sich Jesusnachfolge in unserer pluralistischen Zeit gestalten lässt. Die Option des Rückzugs ins fromme Ghetto oder in die fundamentalistische Vereinfachung der komplexen Wirklichkeit würden zwar den herrschenden Pluralismus entschärfen, doch könnte der VBG-Auftrag, den unsere Gründer vernahmen, nicht mehr überzeugend wahrgenommen werden: nämlich in der Welt des Denkens den Glauben an Jesus zu lehren. Unser Glaubenssalz würde schal. Zudem bietet jede Zeit für jene, die zu ihrem Glauben stehen möchten, nicht nur Herausforderungen, sondern auch Chancen, die es zu nutzen gilt.
Geprüfter Glaube
Am zweiten Abend gehen wir der Frage nach, wie wir mit den durch die Weite des Denkens möglicherweise aufsteigenden Zweifeln konstruktiv umgehen können. Denn die Verdrängung dieser Zweifel stellt keine hilfreiche Strategie dar. Sofern unser Glaube lebendig ist, wird er sich in dieser Welt nie ganz aus dem Zwielicht des Zweifels freimachen können. Der Glaube wird immer wieder verwundet werden, Krisen ausgesetzt sein, ja manchmal auch unter die Räder kommen. Mir scheint aber, dass nur ein verwundeter Glaube glaubwürdig ist und dass ein Glaube, der nicht die Nacht des Zweifels und des Kreuzes durchschritten hat, an dem nicht die Narben des Lebens ersichtlich sind, in der Gefahr steht, zu einem pharisäischen, sündhaft selbstsicheren Glauben zu werden. Ein solcher Glaube bietet nicht mehr Beziehung, sondern Ideologie an, er gibt Belehrungen anstelle von Hilfeleistungen, er gründet sich eher in Befehlen und Verboten, statt in der Barmherzigkeit der Liebe.
Tragender Glaube
Am dritten Abend schliesslich gehen wir der Frage nach, was Fürbitte eigentlich bringt. Denn ehrlicherweise müssen wir doch immer wieder zugeben, dass das Erbetene meist nicht eingetroffen ist, dass Gott selten nach meinen Wünschen gehandelt hat. Aufgrund dieser Enttäuschungen wird die Fürbitte dann oft aufgegeben. Doch mit dieser Resignation leidet auch die Tiefe des Glaubens und droht zu etwas christlich angehaucht Seichtem zu werden. Ein Leben in Pastelltönen mag zwar ruhig dahindümpeln, doch Jesus meinte mit einem Leben in Fülle nicht ein blosses Dahinleben, sondern ein Leben, dem nicht nur die grossen Freuden, sondern auch der Schmerz nicht unbekannt bleiben.
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