In den letzten Jahren wurde er umstrittener und immer mehr gemieden – der Begriff «Mission». Niemand möchte missioniert werden oder missionieren – das ist doch alles Privatsache und da mischt man sich sicherlich nicht ein. So der Gedanke und Wortlaut, der uns oft begegnet. Das Forum des Instituts «Glaube und Gesellschaft» an der Uni Fribourg hat sich in diesem Jahr mit den Begrifflichkeiten und Konzepten hinter dem Thema «Mission» beschäftigt. Denn schliesslich werden wir in den Evangelien unmissverständlich dazu aufgefordert, das Evangelium zu verkünden und Zeugen und Zeuginnen zu sein. Stimmen aus unterschiedlichen Bereichen der Wissenschaft wurden geladen, um diesen Begriff und das Konzept dahinter neu zugänglich zu machen. Geblieben sind diese Denkanstösse: Was bezeuge ich nun und wie kann ich Zeugin im Alltag sein? Wie genau «tickt» meine Kultur, und wie erkenne ich deren Strukturen?

 

Neue Perspektive auf Jesus und das Kreuz

Der Hauptreferent war der Historiker und Autor Tom Holland. Er selbst ist durch seine Arbeit und Forschung über das frühe Christentum zumGlauben gekommen. Für ihn ist klar, dass es nicht nur Jesus als der menschgewordene Gott und sein Tod und seine Auferstehung sind, die in der Antike revolutionäre Ereignisse waren.Denn auch von Caesar selbst wird ähnliches beschrieben: Auch er soll halb Gott gewesen und am dritten Tag nach seinem Tod auferstanden sein. Jesus aber ist den Tod eines Sklaven gestorben.
Der gefeierte König stirbt am Kreuz und nicht als Held auf dem Schlachtfeld oder in den Rängen der Macht.

Dieser Punkt mag vielleicht nur eine kleine, neue Nuance beinhalten. Und doch ist er entscheidend. Denn wenn das Narrativ stets lautete: Jesus ist am Kreuz für deine Sünden gestorben. Dann nimmt der neue Blick auf dieses Kreuz den Fokus weg von uns und davon, was Jesus für uns getan hat – hin zur Erkenntnis, was für ein König er wirklich ist. Dieser König stirbt den Tod eines Sklaven vor den Augen der ganzen Welt, weil er sie liebt und sich selbst wiederum nichts aus weltlichen Königstiteln macht – ganz anders als Könige und Herrscher, die wir sonst aus der Geschichte kennen.

Wie nun davon erzählen? Wie die Brücke schlagen zwischen einem Kreuzestod vor 2000 Jahren und meinen Mitmenschen heute? Wie erzählen von Königen und Sklaven?

 

Geschichten als Bezugspunkt

Prof. Corinna Schubert von der EH Ludwigsburg hat es geschafft: Sie stellt Gott und uns in Beziehung durch Geschichten. Gott ist ein Gott der Geschichten. Wir sind im Gegenzug Wesen, die in Geschichten verstrickt sind. Wir stellen uns selbst mit unseren Geschichten vor und glauben jene unserer Mitmenschen zu kennen. «Du bist doch die, die immer mit dem Velo fährt?» «Und du bist der, der gerne in den Bergen Urlaub macht!»

Jesus kennt die Geschichte dieser Welt, und er kennt unsere Geschichten. Er wusste, wie er die Weltgeschichte verändern und seine Menschen erlösen kann. Es ist eine Geschichte, die ohne ihn niemals geschrieben worden wäre. Schon im Alten Testament wird das Volk aufgefordert, zuzuhören und die Geschichte Gottes zu erzählen. «Schmaa Jisrael» – erzähle von diesem Gott, der dich aus Ägypten geführt hat, und der damit nicht fertig ist. Der sich in Jesus in deine Welt begeben hat, um dich zu einem Teil seiner Geschichte zu machen.

Erzähl davon – erzähl seine und deine Geschichte! Höre zu, wie die Geschichten deiner Kultur lauten – höre und lass Jesus die Verknüpfung herstellen und Dinge verändern. Er hat es in der Antike getan, und er tut es noch heute.

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