Filmwechsel – Inspiriert älter werden
Die zweite Lebenshälfte ist Neuland. Das Neue will entdeckt, verstanden und gestaltet sein. Mit «Ich habe viel Lebenserfahrung und weiss, wie der Hase läuft» wird es kaum gelingen. Mit Neugier und Lernbereitschaft schon eher. Unsere Weggefährten und alle, die uns beim Älterwerden beobachten und erleben, werden es uns danken.
Alt, grün und lebendig
Die Gerechten … sind verwurzelt im Haus des HERRN, dort, in den Vorhöfen unseres Gottes, grünen sie immerzu. Selbst in hohem Alter spriessen sie noch, sie stehen in vollem Saft und haben immer grüne Blätter. Mit ihrem ganzen Leben verkünden sie: Der HERR hält sich an seine Zusagen. Ja, er ist mein Fels, kein Unrecht ist bei ihm zu finden.
(Psalm 92, 14-16)
Was für eine Inspiration! Lebendig, nicht nur fromm sozialisiert. Versöhnt, nicht ernüchtert und erwartungslos. Leidenschaftliche Botschafter, nicht nur korrekte Liturgen. Alt und verbraucht, innerlich aber taufrisch und lebendig (vgl. 2. Korinther 4,16). Solch bäumige Menschen haben die guten Entscheidungen, die ihre Entwicklung möglich gemacht haben, schon vor langer Zeit getroffen. Und für jede und jeden, der es noch nicht getan hat, ist heute der beste Moment.
Was Jung und Alt von uns Älteren brauchen
Sie brauchen anschaubare Beispiele! Wie stehen Männer und Frauen im Leben, die sich von Gott lieben lassen? Wie kann man Wesentliches und Nebensächliches unterscheiden und sich gelassen an das Wesentliche halten? Auf welche Weise verkraftet man Enttäuschungen und Verluste? Wie liebt man ohne die Sorge, selber zu kurz zu kommen? Wo findet man Hoffnung, die lebensfähig und resilient macht?
Pierre Teilhard de Chardin (1881-1955) hat angesichts der zwei erlebten Weltkriege formuliert: «Die Zukunft liegt in den Händen jener, die der kommenden Generation triftige Gründe dafür geben, zu leben und zu hoffen.» Ähnlich Dietrich Bonhoeffer: «Die letzte verantwortliche Frage ist nicht, wie ich mich heroisch aus der Affäre ziehe, sondern wie eine kommende Generation weiterleben soll.» Jung und Alt brauchen Menschen, die sich dieser Aufgabe widmen. Generativität, wie wir dieses Commitment auch nennen, ist sinnstiftend, lebensfördernd und nichts weniger als eine geistliche und «gesellschaftliche Notwendigkeit» (Pasqualina Perrig-Chiello). Auch im Älterwerden und nach der Pensionierung geht es nie nur um mich.
Im Kopfkino läuft ein neuer Film
Das Alter ist in unserer Gesellschaft kein Kassenschlager (wenn man mal von den Krankenkassen absieht). In den meisten Köpfen spielen beim Gedanken an das Alter Szenen ab, in denen man so lange wie möglich nicht selber mitspielen will. Filmwechsel! Wir ersetzen den gesellschaftlichen Film und assoziieren das Alter aus guten Gründen mit Bildern wie: Leben, Gewinn, Freiheit, Hoffnung, Perspektiven, Sinn, Entwicklung, Weisheit, Lernen, guter Wein, Neuland, Begegnung, Erfüllung, Neugier, Vitalität, Gelassenheit,Commitment, Falten, Sitzplatz in Tram und Bus. Man muss mit allem rechnen, auch mit dem Guten!
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